Titelbild drogenassoziierte Sexualdelikte
Free public domain CC0 photo.

Drogenassoziierte Sexualdelikte: ein stark unterschätztes Problem

0 Geteilt
0
0
0

Drogenassoziierte Sexualdelikte sind nicht einvernehmliche sexuelle Handlungen, bei denen das Opfer aufgrund der Wirkung von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Substanzen handlungsunfähig oder bewusstlos ist. Dutzende von Drogen (einschließlich Alkohol) können potenziell für sexuelle Übergriffe verwendet werden, am häufigsten sind jedoch γ-Hydroxybuttersäure (GHB) und Flunitrazepam.

2019 wurde von Francesco P. Busardò et al. eine Übersichtsarbeit zu diesem Thema in der European Review for Medical and Pharmacological Sciences veröffentlicht. Um sich ein Bild zu machen, haben die Autoren wissenschaftliche Datenbanken durchsucht und Dokumente von institutionellen Websites ausgewertet. Es lässt sich nicht zuverlässig schätzen, wie viele drogenassoziierte Sexualdelikte pro Jahr begangen werden. Viele Übergriffe kommen nicht zur Anzeige, weil die Opfer sich schämen, schuldig fühlen oder nicht genau erinnern können. Hinzu kommt, dass die meisten Drogen, die bei sexuellen Übergriffen verwendet werden, schnell abgebaut werden. Bei Drogentests sind sie dann nicht mehr nachweisbar. Die meisten dieser Substanzen werden zwar durch die UN-Suchtgiftkonvention von 1961 und das Übereinkommen über psychotrope Stoffe von 1971 geregelt, doch einige unterliegen nach wie vor keiner internationalen Kontrolle, so dass der Handel möglich ist. Da es keine internationale Kontrolle gibt, ist es schwierig, genaue Daten über das Ausmaß des Problems zu erhalten.

Drogenassoziierte Sexualdelikte: was ist das?

Drogenassoziierte Sexualdelikte sind eine Form der sexuellen Gewalt gegen eine Person, die durch eine bewusstseinsverändernde Substanz wie Alkohol oder K.o.-Tropfen bewusstlos gemacht wurde. Schätzungen zufolge sind bei 75 % aller Vergewaltigungen im Bekanntenkreis Alkohol und/oder andere Drogen im Spiel. Drogen können in Verbindung mit Alkohol zu Bewusstlosigkeit führen und die Fähigkeit, dem Geschlechtsverkehr zuzustimmen oder ihn abzulehnen, beeinträchtigen. Die meisten Opfer sind Frauen und die Täter Männer, obwohl es auch umgekehrt sein kann.

Drogenassoziierte Sexualdelikte treten unter drei spezifischen Umständen auf:

  1. Unfreiwillige Einnahme einer berauschenden Substanz
  2. Sowohl freiwillige als auch unfreiwillige Einnahme einer berauschenden Substanz
  3. Freiwillige Einnahme einer berauschende Substanz

Die psychoaktive Substanz, die am häufigsten mit Übergriffen in Verbindung steht, ist Alkohol. Der Freizeitkonsum anderer Drogen nimmt jedoch zu und die Drogenmärkte expandieren, so dass viele einfache und billige Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um die Opfer zu betäuben. Genaue Daten über die Häufigkeit sexueller Übergriffe liegen nicht vor. Die tatsächlichen Zahlen werden wahrscheinlich erheblich unterschätzt, weil viele Taten nicht zur Anzeige kommen. Für die niedrige Meldequote gibt es viele Gründe, einschließlich psychologischer Barrieren (Scham und Angst) kulturelle Überzeugungen, Angst vor Stigmatisierung und mangelndes Vertrauen in das Strafrechtssystem.

Alkohol, Drogen, Medikamente

Die bei sexuellen Übergriffen am häufigsten verwendeten Drogen sind Betäubungsmittel. Diese Substanzen können das Verhalten des Opfers verändern: vom Verlust der Hemmungen bis hin zur Bewusstlosigkeit. Häufig gehen sie mit nachträglichen Erinnerungslücken einher. Nach Alkohol sind γ-Hydroxybuttersäure (GHB) und Flunitrazepam (Rohypnol) die am weitesten verbreiteten Vergewaltigungsdrogen. Wissenschaftliche Berichte haben jedoch gezeigt, dass auch zahlreiche andere Drogen und Medikamente (rezeptfreie und verschreibungspflichtige) beteiligt sind, darunter:

  • Benzodiazepine (z. B. Diazepam, Alprazolam, Flunitrazepam)
  • Antidepressiva (z. B. Alprazolam, Sertalin)
  • Muskelrelaxantien (z. B. Carisoprodol, Cyclobenzaprin)
  • Antihistaminika (z. B. Benadryl)
  • Rezeptfreie Schlafmittel (z. B. Doxylamin)
  • Halluzinogene (MDMA, THC, Ketamin)
  • Opioide (z. B. Hydrocodon, Oxycodon, Tilidin)

Die Substanzen, die für drogenassoziierte Sexualdelikte zur Anwendung kommen, werden in der Regel auf Raves, in Tanzclubs und Bars, aber auch in Schulen, an Universitäten und auf privaten Partys verkauft. Viele Drogen können auch über das Internet bezogen werden. Andere, wie etwa verschreibungspflichtige Benzodiazepine, sind in vielen Haushalten im Medizinschrank zu finden. Die am häufigsten konsumierte Substanz ist Alkohol, da er legal und billig ist und der Konsum in der Regel nicht erzwungen werden muss.

Alkohol

Alkohol ist in diesem Zusammenhang das am weitesten verbreitete Rauschmittel. Er kann das Urteilsvermögen beeinträchtigen, die Hemmschwelle senken und in größeren Mengen zum Verlust der körperlichen Kontrolle und des Bewusstseins führen. Die Wirkung der meisten Medikamente mit angstlösenden, beruhigenden oder hypnotischen Eigenschaften kann sich durch die Einnahme von Alkohol erheblich verstärken.

Benzodiazepine

Benzodiazepine sind starke Beruhigungsmittel. Die meisten von ihnen fallen unter die Drogen- oder Arzneimittelgesetzgebung. Flunitrazepam ist das häufigste Benzodiazepin bei sexuellen Übergriffen. Es wird unter dem Handelsnamen Rohypnol in vielen europäischen Ländern als rezeptpflichtiges Beruhigungsmittel/Hypnotikum vermarktet. Es ist an sich geschmacksneutral, geruchlos und löst sich in Flüssigkeit auf. Als Flunitrazepam in Fälle von sexuellem Missbrauch verwickelt wurde, änderte der Hersteller (Roche) die Produktformulierung und fügte einen blauen Farbstoff hinzu, der in Flüssigkeiten gut sichtbar ist. Dieser Farbstoff ist jedoch nicht in Flunitrazepam aus illegalen Quellen enthalten. Benzodiazepine können Verwirrung, Denkstörungen und Gedächtnisverlust, Schläfrigkeit, Müdigkeit und Erschöpfung, Koordinationsstörungen und Schwindel verursachen. Sie sind in Form von Tabletten, Kapseln und Injektionen erhältlich. Sie zeichnen sich durch einen schnellen Wirkungseintritt aus.

GHB

GHB wird in Teilen Europas und in den USA als Anästhetikum und zur Behandlung von Alkoholentzugserscheinungen vermarktet. 2005 hat die Europäische Arzneimittelagentur GHB auch zur Behandlung von Narkolepsie mit Kataplexie bei Erwachsenen zugelassen. Im März 2001 wurde GHB in das Übereinkommen über psychotrope Stoffe von 1971 aufgenommen. Dadurch sind die UN-Mitgliedstaaten verpflichtet, die Substanz im Rahmen ihrer nationalen Gesetzgebung zu kontrollieren. GHB hat eine steile Dosis-Wirkungs-Kurve. Bereits eine geringe Erhöhung der Dosis kann zum Verlust der körperlichen Kontrolle und des Bewusstseins führen. Außerdem steigert es den Sexualtrieb, senkt die Hemmschwelle und führt zu Gedächtnisverlust, Schläfrigkeit und Schwindel. Mehrere Experten berichten, dass der Freizeitkonsum von GHB das Gehirn schädigen kann. Die Wirkung tritt nach 20 bis 60 Minuten ein. Intoxikationen treten ab einer Dosis von 15 mg/kg auf, Dosen über 50 mg/kg sind toxisch und 4 g sind tödlich. GHB wird mit einer Halbwertszeit von 20 bis 60 Minuten schnell abgebaut.

GBL und 1,4-Butandiol

GHB lässt sich leicht aus seinen Vorläufersubstanzen γ-Butyrolacton (GBL) und 1,4-Butandiol (1,4-BD) herstellen, die in der Industrie weit verbreitete Lösungsmittel sind. GBL und 1,4-BD werden beim Konsum schnell in GHB umgewandelt. Beide Substanzen unterliegen in den meisten Ländern keiner Kontrolle, jedoch haben Schweden, Italien und Lettland ähnliche Beschränkungen wie für GHB eingeführt und im Vereinigten Königreich gibt es zumindest Überlegungen in diese Richtung. Die Wirkung tritt nach 10 bis 30 Minuten ein.

Ketamin

Ketamin, ein kurzwirksames Anästhetikum für Menschen und Tiere, ist eine weitere Substanz, die für drogenassoziierte Sexualdelikte verwendet wird. Es handelt sich um ein Vollnarkosemittel, das ein Gefühl der Depersonalisierung und Derealisierung hervorruft. Das Opfer kann sich des Angriffs bewusst sein, ist aber nicht in der Lage, sich zu bewegen oder zu verteidigen. Ketamin kann auch zu Gedächtnisverlust führen.

Gemeinsamkeiten in der Wirkung

Substanzen, die für drogenassoziierte Sexualdelikte verwendet werden, sind üblicherweise wasserlöslich und haben einen kaum wahrnehmbaren Geruch oder Geschmack. GBL stellt aufgrund seiner Bitterkeit eine Ausnahme dar, obwohl es leicht durch wohlschmeckende Getränke überdeckt werden kann. Innerhalb von 30 Minuten nach der Einnahme kann das Opfer Schwierigkeiten beim Sprechen oder Bewegen haben und das Bewusstsein verlieren. Aufgrund der Nebenwirkungen kann sich das Opfer kaum oder gar nicht an das Geschehen erinnern, und viele Übergriffe kommen nicht zur Anzeige.

Drogen wirken nicht bei allen Menschen gleich, und es ist schwierig, die Auswirkungen auf eine bestimmte Person genau vorherzusagen. Die Folgen  können je nach Substanz, Dosis und Mischung mit Alkohol oder anderen Drogen unterschiedlich sein. Weitere Einflussfaktoren sind das Gewicht, das Geschlecht und der Stoffwechsel des Opfers sowie praktische Erwägungen, beispielsweise wie schnell medizinische Hilfe eintrifft. Je nach Substanz können die ersten Wirkungen unbemerkt bleiben oder sich schnell und stark bemerkbar machen:

  • Übelkeit
  • Verlust der Kontrolle über Darm oder Blase
  • Atembeschwerden
  • Benommenheit trotz geringen oder fehlenden Alkoholkonsums
  • Plötzlicher Anfall von Schwindel, Orientierungslosigkeit oder Sehstörungen
  • Änderung der Körpertemperatur (oft mit Schwitzen oder Zähneklappern)
  • Aufwachen mit wenig oder keiner Erinnerung an kürzliche Ereignisse

Viele dieser Drogen werden innerhalb von 12 bis 72 Stunden vom Körper abgebaut. Rohypnol wird innerhalb von 36 bis 72 Stunden und GHB innerhalb von 10 bis 12 Stunden ausgeschieden. GBL verschwindet innerhalb von 6 Stunden aus dem Urin und innerhalb von 24 Stunden aus dem Blut.

Drogenassoziierte Sexualdelikte wissenschaftlich untersucht

Ziel der von Busardò et al. angefertigten Übersichtsarbeit war es, einen aktuellen Überblick über die bei sexuellen Übergriffen eingesetzten Substanzen zu geben. Die Autoren liefern auch epidemiologische Daten zu diesem Phänomen und erörtern die derzeit verfügbaren Analysestrategien und -methoden zur Identifizierung dieser Substanzen.

Untersucht wurden unter anderem die Berichte von 256 Patientinnen, die zwischen Januar 2010 und Juli 2018 im Zentrum für sexuelle Übergriffe des Universitätskrankenhauses Careggi in Florenz (Italien) aufgenommen wurden (freiwillig oder in Begleitung ihrer Eltern, wenn sie unter 18 Jahre alt waren). Das Zentrum nahm Opfer aus der “Area Vasta Firenze” auf, die vier Städte mit mehr als 1.500.000 Einwohnern umfasst. Das Verfahren zur Identifizierung, Datensammlung und Probenentnahme wurde in einer Vereinbarung zwischen dem Zentrum für sexuellen Missbrauch und der Abteilung für forensische Toxikologie der Universität Florenz beschrieben und von der medizinischen Ethikkommission genehmigt.

Weitere epidemiologische Daten wurden in den Datenbanken PubMed, PsycINFO und Scopus unter den Suchbegriffen “drug-facilitated sexual assault”, “chemical submission”, “date rape”, “rape drugs” und “drink-spiking” recherchiert, um relevante Studien zu identifizieren, die in die Untersuchung einbezogen werden sollten. Darüber hinaus wurden Berichte von den Websites internationaler Agenturen oder Institutionen, einschließlich des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC), der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD), gesichtet. Die Artikel und Berichte wurden von jedem an der Studie beteiligten Forscher unabhängig bewertet. Die Studie konzentriert sich auf Opfer von mutmaßlichem sexuellen Übergriffen, die zum Zeitpunkt der toxikologischen Befunde 16 Jahre oder älter waren.

Die meisten Studien wurden in den USA veröffentlicht, gefolgt von Großbritannien und Kontinentaleuropa. Darüber hinaus wurde je eine Studie aus Australien und Afrika in die Übersichtsarbeit aufgenommen. Alkohol war die am häufigsten nachgewiesene Substanz, und der gleichzeitige Konsum anderer Drogen war weit verbreitet. Cannabinoide und Benzodiazepine wurden häufig nachgewiesen.

Drogenassoziierte Sexualdelikte: Häufigkeit

Aufgrund der niedrigen Meldequote ist es schwierig, drogenassoziierte Sexualdelikte zahlenmäßig zu erfassen, obwohl die Zahl der gemeldeten Übergriffe zunimmt. Die Opfer zögern oft, die Vorfälle anzuzeigen, weil sie sich schämen, Schuldgefühle haben, sich verantwortlich fühlen oder sich nicht genau an den Übergriff erinnern können. Darüber hinaus werden die meisten Drogen, die bei sexuellen Übergriffen eingesetzt werden, vom Körper schnell aufgenommen und verstoffwechselt, so dass sie bei routinemäßigen Urin- und Bluttests nur schwer nachweisbar sind. Zwischen 2009 und 2019 stieg die Zahl der Meldungen in den Vereinigten Staaten, im Vereinigten Königreich, in Frankreich, in den Niederlanden und in Australien, wo ernsthafte Besorgnis über die zunehmende Rolle von Alkohol und Drogen bei nicht einvernehmlichen sexuellen Handlungen geäußert wurde.

Italien

In der Literatur sind nur wenige Fälle beschrieben. In Einzelfällen wurden Barbiturate, Morphin und GHB verwendet.

An der Universitätsklinik Careggi wurden im Beobachtungszeitraum insgesamt 256 Personen nach sexuellen Übergriffen behandelt. 95 von ihnen (37,1%) wurden positiv auf mindestens eine Substanz getestet. Alkohol war mit 57 Fällen die am häufigsten nachgewiesene Substanz, gefolgt von Cannabis (19), Kokain (15) und Opiaten/Methadon (Heroin: 5, Morphin: 1, Methadon: 6). Benzodiazepine wurden in 12 Fällen und Amphetamine in 2 Fällen nachgewiesen. GHB wurde nur in einem Fall festgestellt und neue psychoaktive Substanzen gar nicht. Beruhigungsmittel wurden auch bei Patienten gefunden, bei denen der Verdacht bestand, dass sie einem geplanten Übergriff entkommen waren.

Frankreich

Biologische Proben von 35 Opfern drogenassoziierter Straftaten (19 Männer und 16 Frauen) wurden über einen Zeitraum von acht Monaten im Jahr 1995 gesammelt. In 48,5 % der Urinproben waren Benzodiazepine nachweisbar, gefolgt von THC (17,1 %), Alkohol (11 %), Phenothiazinen und Opiaten (jeweils 8,6 %), trizyklischen Antidepressiva (5,7 %) und Barbituraten (2,9 %).

Von 2003 bis Ende 2011 wurden 473 Fälle von vermutlich unfreiwilliger Drogeneinnahme oder damit verbundenen sexuellen Übergriffen erfasst. Die Opfer waren zu 62 % weiblich. Das Durchschnittsalter der 452 Opfer, die älter als 1 Jahr waren, betrug 29,8 Jahre. Sofern Männer die Opfer waren, zeigte sich, dass sie im Alter von 15 bis 39 Jahren am häufigsten Opfer solcher Straftaten werden. Der Anteil der Frauen ist im Alter von 20 bis 29 Jahren mit 36 % am höchsten. Die freiwillige Einnahme von Alkohol wurde von 46 % der Personen berichtet, die älter als 18 Jahre oder alt genug waren, um Drogen zu konsumieren. Bei 132 Fällen (30 %) waren diese Informationen nicht verfügbar. Cannabiskonsum wurde von 16 % der Opfer angegeben.

Vereinigtes Königreich

Über einen Zeitraum von drei Jahren (2000-2002) untersuchte der Forensic Science Service (FSS) 1014 Verdachtsfälle von Sexualstraftaten im Zusammenhang mit Drogen. Die jeweils beteiligten Substanzen wurde genau dokumentiert. In 81 % der Blut- oder Urinproben wurde Alkohol nachgewiesen. Fast die Hälfte der Fälle wurde positiv auf Alkohol und andere Drogen getestet. Illegale Drogen wurden in 35 % der Fälle nachgewiesen, wobei Cannabis mit 26 % die am häufigsten nachgewiesene Substanz war, gefolgt von Kokain (11 %). In 2 % der Fälle wurde ein Beruhigungsmittel oder eine enthemmende Droge nachgewiesen, deren Vorhandensein das Opfer nicht erklären konnte. Bei diesen Drogen handelte es sich um Benzodiazepine, MDMA, Antihistaminika, GHB, Zopiclon und Mirtazapin. Ähnliche Ergebnisse wurden einige Jahre später von anderen Wissenschaftlern berichtet.

Alle Veröffentlichungen aus dem Vereinigten Königreich nach 2006 zitieren die Operation Matisse, eine 12-monatige Studie über drogenassoziierte Sexualdelikte in den Jahren 2004 und 2005, an der 120 Opfer teilnahmen, die die Übergriffe innerhalb von 72 Stunden gemeldet hatten. In 48 % der Fälle wurden kontrollierte oder verschreibungspflichtige Drogen nachgewiesen, wobei Cannabis (20 %) und Kokain (17 %) die häufigsten Substanzen waren. GHB wurde in zwei Fällen nachgewiesen, Flunitrazepam in keinem Fall.

Nordirland

Untersucht wurden Daten aus der Datenbank der Forensic Science Northern Ireland (FSNI) aus den Jahren 1999 bis 2005. Zur Analyse kamen Blut und/oder Urin, ohne nähere Erläuterung der Methoden. Im Jahr 2005 war in 65 % der Fälle Alkohol im Spiel. In 20 von 51 Fällen (39 %) wurden Drogen nachgewiesen. Am häufigsten waren es Schmerzmittel. Partydrogen (Cannabis, MDMA) wurden in acht Proben nachgewiesen. Sechs Proben waren positiv auf Benzodiazepine. In fast der Hälfte der Fälle war mehr als eine Substanz im Spiel.

Niederlande

Die Daten des Niederländischen Forensischen Instituts (NFI) wurden 2011 von Bosman et al. veröffentlicht. Forensische Fälle wurden über einen Zeitraum von drei Jahren (Januar 2004 bis Dezember 2006) gemeldet, einschließlich Fällen von sexuellen Übergriffen mit oder ohne Blut- und/oder Urinentnahme. Insgesamt wurden 134 Fälle mutmaßlicher drogenassoziierter Sexualdelikte auf Drogenmissbrauch, verschreibungspflichtige Medikamente und GHB untersucht, 108 Fälle wurden auf Alkohol untersucht. 94 % der Opfer waren Frauen. 27 % der Fälle waren negativ. Alkohol allein oder zusammen mit anderen Drogen war der häufigste Befund (51 von 108 Fällen). Außerdem wurde eine breite Palette von Drogen nachgewiesen: Kokain (14 %), Benzodiazepine (10 %), MDMA und MDA (10 %), Cannabis (10 %), Amphetamin (4 %), GHB (in zwei Fällen) und Ketamin (in einem Fall). In Einzelfällen wurden auch sedierende Medikamente gefunden: Amitriptylin, Codein, Methadon und Zolpidem. Häufig wurde eine Kombination von Drogen gefunden.

Deutschland

Von 1995 bis 1998 registrierte das Münchener Institut für Rechtsmedizin 92 Straftaten, bei denen die Opfer unter Drogen gesetzt wurden. Zwischen 1997 und 2006 verzeichnete die Bonner Rechtsmedizin eine Verzehnfachung der Untersuchungen wegen Verdachts auf drogenassoziierte Sexualdelikte auf 40 bis 50 Fälle pro Jahr. Benzodiazepine waren die am häufigsten verwendeten Substanzen, gefolgt von anderen Hypnotika (Zopiclon, GHB), Antihistaminika (Diphenhydramin), sedierenden Antidepressiva und illegalen Drogen (MDMA).

Dänemark

Insgesamt wurden 167 Blutproben von Opfern sexueller Übergriffe in der Region Aarhus über einen Zeitraum von 2,5 Jahren untersucht. 20 Opfer vermuteten eine Exposition gegenüber einer “Vergewaltigungsdroge”. 17 der 20 Opfer gaben an, vor dem Übergriff Alkohol konsumiert zu haben, aber nur vier wurden positiv auf Alkohol getestet. Benzodiazepine wurden in jedem vierten Fall nachgewiesen, entweder allein oder in Kombination mit anderen Drogen. Meprobamat, Phenobarbital, Oxycodon, Methylphenidat und Amphetamin wurden jeweils einmal nachgewiesen. THC und/oder eine verwandte Substanz wurden in drei Fällen nachgewiesen. Die Autoren stellten fest, dass in mehreren Fällen keine Beruhigungsmittel oder sedierende Drogen nachgewiesen wurden. Wie in vielen anderen Studien war Alkohol auch hier die auffälligste Substanz.

Norwegen

In Norwegen wurden zwischen Juli 2003 und Dezember 2010 insgesamt 730 Patientinnen im Zentrum für sexuelle Übergriffe in Trondheim aufgenommen. Von 264 der 730 Patientinnen wurden Blut- und/oder Urinproben für toxikologische Analysen entnommen. Bei 57 der 264 Fälle bestand der Verdacht auf drogenassoziierte Sexualdelikte. Davon waren 22 nur positiv auf Alkohol, bei 13 war mindestens eine andere Droge nachweisbar. Fünf Frauen waren positiv auf Benzodiazepine (Diazepam und/oder Oxazepam, Clonazepam), eine auf Morphin und Oxycodon, zwei auf Cannabis und vier auf Amphetamine. Bei mehreren Patientinnen wurde mehr als eine Droge gefunden.

Polen

Zwischen 2000 und 2004 wurde eine 15-fache Zunahme von Sexualdelikten im Zusammenhang mit Drogen gemeldet. Die am häufigsten im Blut und/oder Urin nachgewiesenen Substanzen waren Amphetamine und Cannabis, während Alkohol, MDMA, Benzodiazepine, Propranolol und Lidocain nur in wenigen Fällen nachgewiesen wurden. Genaue Daten wurden nicht vorgelegt.

Belgien

In Belgien wurden bis zur Fertigstellung der Studie keine umfassenden Daten über drogenassoziierte Sexualdelikte veröffentlicht.

Spanien

Das Nationale Institut für Toxikologie und Forensische Wissenschaften in Madrid führte eine deskriptive und retrospektive Studie über mutmaßliche drogenassoziierte Sexualdelikte durch, die zwischen 2010 und 2013 gemeldet wurden. Insgesamt wurden 152 von 445 gemeldeten Fällen untersucht. Die für die toxikologische Analyse entnommenen biologischen Proben umfassten Blut (28,9 %), Urin (15,8 %) oder beides (53,9 %) und wurden in der Regel zwischen sechs und zwölf Stunden nach den Vorfällen entnommen (40,33 % der dokumentierten Fälle). Die toxikologischen Analysen waren in 85,5 % der Fälle positiv, wobei Alkohol (76,9 %), Medikamente (36,1 %, hauptsächlich Benzodiazepine) und illegale Drogen (29,2 %, hauptsächlich Kokain) einzeln oder in Kombination nachgewiesen wurden.

USA

1996-2000 wurden Proben von 3303 Opfern mit Verdacht auf drogenassoziierte Sexualdelikte genommen. In 64 % der positiven Proben war nur eine einzige Substanz nachweisbar, in 22 % der Proben zwei und in 14 % der Proben drei oder mehr. Alkohol war mit 67 % der positiven Proben am häufigsten, gefolgt von Benzodiazepinen (15 %), Kokain (14 %), Amphetamin (11 %), GHB (5 %), Opiaten (4 %), Propoxyphen (2 %) und Barbituraten (2%).

Zwischen 2002 und 2004 wurden aus vier Staaten (Texas, Kalifornien, Minnesota und Washington) biologische Proben von 144 Verdachtsfällen drogenassoziierter Sexualdelikte getestet. Alle Opfer waren weiblich und älter als 18 Jahre. 45,8 % der Opfer gaben Alkoholkonsum an, aber nur 9,7 % der Proben waren positiv auf Alkohol. Nach Alkohol folgten Cannabis, Kokain und Amphetamine. Der Konsum von Opiaten und Benzodiazepinen wurde von allen Opfern verneint, aber in 6,9 % bzw. 3,5 % der Fälle nachgewiesen.

Von 45 mutmaßlichen Opfern drogenassoziierter Sexualstraftaten im Jahr 2015 wurden 58 % der Personen positiv auf Cannabis getestet, gefolgt von Alkohol (43 %), Kokain (26 %), Amphetamine (13 %), Methamphetamin (5 %) und Methadon (1 %). In 33 % der Fälle wurden andere Drogen gefunden.

Untersucht wurden auch 1000 Fälle, die sich zwischen 2015 und 2016 ereigneten. Das Durchschnittsalter betrug 26,8 Jahre. Soweit das Geschlecht angegeben wurde, waren 91,7 % der Opfer weiblich. Insgesamt wurden 101 verschiedene Substanzen nachgewiesen. Alkohol war am häufigsten (30,9 %), gefolgt von Cannabinoiden (28,8 %), Amphetamin/Methamphetamin (16,5 %), Kokain (10,4 %) und Clonazepam (7,6 %). Alkohol und Cannabinoide waren die häufigste Kombination. Wurde mehr als eine Substanz gefunden, war es in 276 Fällen eine zusätzliche Substanz, in 220 Fällen zwei, in 109 Fällen drei, in 63 Fällen vier, in 37 Fällen fünf und in 79 Fällen sechs oder mehr.

Kanada

In British Columbia wurden demografische Daten über einen längeren Zeitraum (1993-2002) retrospektiv untersucht. Die Autoren wiesen nach, dass die Häufigkeit der in Krankenhäusern gemeldeten Straftaten, bei denen die Opfer unter Drogen standen, seit 1999 kontinuierlich zugenommen hat und dass junge Frauen im Teenageralter besonders gefährdet sind.

Die Autoren führten auch eine prospektive Kohortenstudie in sieben stationären Behandlungszentren für sexuelle Übergriffe in Ontario durch (2005-2007). In 178 Fällen, die zwischen Juni 2005 und März 2007 gemeldet wurden, waren 96,2% der Opfer weiblich und das Durchschnittsalter lag bei 25,8 Jahren. Insgesamt gaben 85 % der Opfer an, vor dem mutmaßlichen Übergriff Alkohol konsumiert zu haben, gefolgt von rezeptfreien Medikamenten (25,6 %), verschreibungspflichtigen Medikamenten (29,4 %) und illegalen Drogen (25,5 %). Alkohol (30,9 % der Urinproben) war die am häufigsten nachgewiesene Substanz, gefolgt von Cannabinoiden (33,7 %), Kokain (21,4 %), Antidepressiva (16,4 %), Benzodiazepinen (11,3 %), Amphetaminen (7,3 %), MDMA (7,3 %), Codein (4,5 %), Morphin (3,9 %), Antipsychotika (3,4 %), Methadon (1,1), GHB (1,1 %) und Ketamin (1,1 %). Flunitrazepam wurde nicht nachgewiesen.

Südafrika

Zwischen 2013 und 2016 wurden 107 mutmaßliche Opfer drogenassoziierter Sexualdelikte in der klinischen Forensik des Victoria Hospital in Kapstadt untersucht. Die meisten von ihnen waren weiblich und wurden innerhalb von 24 Stunden nach dem Übergriff in die forensische Abteilung eingeliefert. In 30 Fällen berichteten die Betroffenen über psychische Probleme, Drogen- und/oder Alkoholkonsum oder sexuellen Missbrauch in der Vorgeschichte. Die Proben umfassten Blut-, Urin- und/oder Haarproben sowie Atemproben zur Messung des Alkohols.

Bei 72 Personen waren die Proben positiv auf Drogen und/oder Alkohol, wobei in 60 Fällen andere Drogen als Alkohol nachgewiesen wurden. Die am häufigsten nachgewiesenen Substanzen waren Stimulanzien (Methamphetamin, Kokain) und sedierende Hypnotika (Methaqualon, Doxylamin, Diphenhydramin). Kombinationen von Methaqualon, Diphenhydramin und Methamphetamin wurden in 15 Fällen nachgewiesen. Benzodiazepine wurden in vier Fällen nachgewiesen, obwohl die Einnahme von Benzodiazepinen nicht angegeben wurde. Von den 32 negativen Fällen berichteten 22 über den Konsum von Alkohol und drei über den Konsum von Partydrogen.

Australien

In einem Zeitraum von einem Jahr (2002-2003) wurden von 434 Fällen sexueller Übergriffe insgesamt 76 Fälle ermittelt, in denen die Opfer mutmaßlich unter Drogen gesetzt wurden. Die meisten Opfer waren weiblich, das Durchschnittsalter lag bei 25,6 Jahren. Die durchschnittliche Zeitspanne zwischen dem Vorfall und der Untersuchung betrug 20 Stunden. In 77 % der Fälle wurde Alkoholkonsum vor dem Übergriff angegeben. In 37% der Fälle wurde Alkohol nachgewiesen. 49 % gaben an, verschreibungspflichtige Medikamente und 26 % Partydrogen konsumiert zu haben. Nicht selbstberichtete Drogen wurden in 15 Fällen nachgewiesen. Nachgewiesen wurden Cannabis, Antidepressiva, Amphetamine, Benzodiazepine und Opiate.

Drogenassoziierte Sexualdelikte: Nachweis

Wenn ein sexueller Übergriff mit Betäubungsmitteln stattgefunden hat, ist die Auswahl einer geeigneten Probe für toxikologische Untersuchungen von entscheidender Bedeutung. Abhängig von der verstrichenen Zeit gibt es verschiedene Ansätze für die Wahl der Untersuchungsmethode.

Urin, Blut, Haare, Nägel und Mundflüssigkeit

Urin wird Blut vorgezogen, da er ein längeres Zeitfenster für den Nachweis bietet und die Probenentnahme einfacher und weniger invasiv ist. Je früher die Entnahme der Urinprobe erfolgt, desto größer ist die Chance auf einen Nachweis. Eine positive Urinprobe ist in der Regel ein ausreichender Nachweis. Ein negatives Ergebnis erfordert dagegen weitere Untersuchungen. Die Nachweisdauer hängt von der untersuchten Substanzen ab. Positive Blutproben können eine Drogenexposition in kürzerer Zeit dokumentieren als Urinproben. Die Blutkonzentrationen geben Aufschluss über die pharmakologischen Wirkungen und die Pharmakokinetik der Droge und können die Symptome des Opfers bestätigen. Bei der Analyse von Vollblut werden die Ausgangsdrogen erfasst. Der Nachweis von Metaboliten ist nur in wenigen Fällen möglich.

Interessanterweise sind mehrere “Vergewaltigungsdrogen”, wie zum Beispiel GHB, auch endogene Substanzen, die der menschliche Körper selbst produziert. In diesem Zusammenhang kann die Analyse mehrerer Matrices durchgeführt werden, um Informationen zur Unterscheidung zwischen endogener Produktion und exogener Verabreichung zu erhalten. Da Haare in der Lage sind, Fremdstoffe über lange Zeiträume zu speichern, sind sie die Matrix der Wahl. Die Analyse von Haarsegmenten liefert chronologische Informationen über den vermuteten Drogenkonsum, wobei zwischen gelegentlichem und chronischem Konsum unterschieden werden kann. Die Haaranalyse ermöglicht den Nachweis endogener GHB-Konzentrationen. Exogenes GHB kann in Haarproben sieben Tage nach der Exposition nachgewiesen werden. GHB kann jedoch auch als Metabolit der Prodrug GBL vorliegen, das mitunter zur Anwendung kommt, weil es billiger und leichter zu beschaffen ist.

Wenn Blut- und Urintests nicht ausreichen, kann die Untersuchung von Mundflüssigkeit und Nägeln in Betracht gezogen werden. Fremdstoffe können durch passive Diffusion aus dem Blutkreislauf in die Mundflüssigkeit gelangen, so dass sie darin nachweisbar sind. Nägel sind eine keratinisierte Matrix, in der sich Drogen mit der Zeit anreichern. Die Korrelation zwischen Blut- und Nagelkonzentrationen ist nicht eindeutig geklärt. Dennoch kann die Nagelanalyse nützliche Informationen liefern.

Probenentnahme und -lagerung

Bei Verdacht auf drogenassoziierte Sexualdelikte ist die systematische Entnahme von biologischen Proben der erste Schritt der Ermittlungen. Eine unsachgemäße Probenentnahme kann die Ergebnisse der Analyse beeinträchtigen. Gemäß der UNODC-Richtlinie sollte biologisches Beweismaterial so schnell wie möglich gesammelt werden, idealerweise bevor die Person ein Medikament erhält. Eine Verwahrungskette wird dringend empfohlen. Der Zeitpunkt der Probenahme ist von entscheidender Bedeutung, insbesondere bei Substanzen, die schnell abgebaut werden, wie etwa GHB. Bei Verdacht auf GHB-Verabreichung sollten Vollblutproben innerhalb von acht Stunden und Urinproben innerhalb von weniger als zwölf Stunden nach der Exposition entnommen werden. Endogene GHB-Konzentrationen können im Urin und im Blut innerhalb bestimmter Grenzen noch zwölf Stunden nach der Einnahme nachgewiesen werden. Jede Probe erfordert besondere Sorgfalt bei der Entnahme und Lagerung

Urin

Urinproben sollten so schnell wie möglich gesammelt werden. Internationale Leitlinien empfehlen, Urinproben innerhalb von fünf Tagen nach der Verabreichung von Drogen zu sammeln. Allerdings ist die Pharmakokinetik der Substanzen bei der Interpretation der Analyseergebnisse zu berücksichtigen. Da Urin die Matrix der Wahl für das Drogenscreening ist, sollte ein Mindestvolumen von 50 ml gesammelt und in zwei sterile Kunststoffbehälter mit Schraubverschluss aufgeteilt werden. Konservierungsmittel sind nicht erforderlich, können aber im Falle einer Kontamination mit Candida albicans nützlich sein. Die erste Probe sollte für Screening- und Bestätigungstests verwendet werden, und die zweite Probe sollte bei -18 °C gelagert werden, falls weitere Tests erforderlich sind. Wenn die Analyse nicht innerhalb von 24 Stunden nach der Entnahme erfolgen kann, sind alle Proben bei -18 °C zu lagern.

Blut

Nach internationalen Richtlinien sollte Vollblut als ergänzende Matrix zum Urin vorzugsweise innerhalb von 48 Stunden nach der mutmaßlichen Straftat entnommen werden. Die Blutentnahme sollte von geschultem Fachpersonal mit geeigneten Einwegspritzen und sterilen Röhrchen durchgeführt werden. Für die Analyse flüchtiger Xenobiotika wie Alkohol oder Chloroform wird die Verwendung einer Gasspritze empfohlen. Reagenzgläser sollten mit einem Konservierungsmittel versehen werden, um eine Zersetzung zu verhindern. Eine Hautdesinfektion mit Ethanol oder anderen flüchtigen Lösungsmitteln ist zu vermeiden, um die Alkoholtests nicht zu verfälschen. Wie beim Urin sind mindestens zwei Proben von je 5 ml zu entnehmen und sofort bei 2-8°C oder bei -18°C zu lagern, wenn die Analyse nicht innerhalb von 24 Stunden durchgeführt werden kann.

Haare

Die Haarproben sollten mindestens vier Wochen nach dem gemeldeten Übergriff entnommen werden. Scham-, Achsel-, Rumpf- oder Beinhaare können anstelle von Kopfhaaren entnommen werden, wenn die Person Alopezie aufweist, rasiert ist oder eine kosmetische Behandlung durchgeführt hat, die die Analyseergebnisse verfälschen kann. Internationalen Leitlinien empfehlen, mindestens 100-150 mg Haare zu entnehmen und die Proben so nah wie möglich an der Kopfhaut abzuschneiden. Es ist wichtig, die Haarsträhnen sorgfältig zu fixieren, damit sie ihre Orientierung für die Segmentanalyse nicht verlieren. Aufgrund der hohen Stabilität von Haaren können die Proben bei Raumtemperatur in antistatischen Umschlägen gelagert werden.

Mundflüssigkeit und Nägel

Da Mundflüssigkeit und Nägel als alternative Matrizes angesehen werden, gibt es derzeit keine Richtlinien für die Probenahme. In der Literatur finden sich jedoch verschiedene Empfehlungen. Im Handel sind verschiedene Geräte erhältlich, die im Allgemeinen anderen Entnahmetechniken vorzuziehen sind. Einige Sets erfordern keine besondere Sorgfalt bei der Lagerung der Proben. Die Nägel können mit sterilen Einweg-Nagelknipsern entnommen werden, um eine Kontamination der Proben zu vermeiden. Aufgrund der Stabilität der Matrix können die Nagelproben in verschlossenen Beuteln bei Raumtemperatur gelagert werden.

Analyse

Viele Drogen, die für drogenassoziierte Sexualdelikte verwendet werden, können ähnliche klinische Symptome hervorrufen. Es ist nicht möglich, ohne eindeutige analytische Beweise zu erkennen, ob die Symptome auf eine Drogenexposition zurückzuführen sind. Darüber hinaus schließt ein negatives toxikologisches Ergebnis eine Drogenexposition nicht aus, da die Substanzen zum Zeitpunkt der Probenentnahme bereits vollständig metabolisiert und ausgeschieden sein können. Außerdem können mehrere Drogen gleichzeitig verabreicht worden sein und eine synergistische Wirkung entfalten. Das Endergebnis hängt auch von den Screening- und Bestätigungsmethoden ab. Diese sollten ausreichend empfindlich und zuverlässig sein, um die Gültigkeit der Ergebnisse zu gewährleisten.

Für die Analyse von Urin und Blut stehen verschiedene Methoden zur Verfügung. Die Untersuchung auf flüchtige Verbindungen kann unter anderem mittels Dampfraumanalyse erfolgen. Sofern verfügbar, sollten Urinproben auf eine vordefinierte Auswahl von Substanzen untersucht werden, die wahrscheinlich bei sexuellen Übergriffen verwendet werden. Dazu gehören zum Beispiel Alkohol, Drogen und Medikamente, einschließlich GHB, Flunitrazepam und Ketamin. Leider werden in der Routinepraxis die meisten Proben erst lange nach der Entnahme an die Testlabors geliefert, wodurch der Nachweis niedriger Drogenkonzentrationen gefährdet ist.

Für die Analyse von Betäubungsmitteln in Haaren werden in der Regel die Flüssigchromatographie und die Gaschromatographie, jeweils mit massenspektrometrischer Kopplung, eingesetzt.

Drogenassoziierte Sexualdelikte: Fazit

Drogenassoziierte Sexualdelikte sind ein stark unterschätztes Problem. Es sind viele Drogen im Spiel und die meisten sind leicht zu beschaffen. Viele Delikte kommen nie zur Anzeige, weil die Opfer aus Angst, Scham oder Schuldgefühlen schweigen. Dies führt dazu, dass die tatsächliche Anzahl in der offiziellen Kriminalstatistik unterrepräsentiert ist. Zudem sind drogenassoziierte Sexualdelikte oft komplex und schwer zu ermitteln. Der Nachweis der genauen Umstände und der Verantwortlichkeit kann schwierig sein, insbesondere wenn der Täter und das Opfer beide unter Drogeneinfluss stehen.

Man sollte das Problem der drogenassoziierten Sexualdelikte ernst nehmen, da es nicht nur die physische und psychische Gesundheit der Opfer beeinträchtigt, sondern auch die Sicherheit und das Wohlergehen der Gesellschaft insgesamt. Um es zu bekämpfen, müssen zwei verschiedene Strategien entwickelt und umgesetzt werden. Die erste Priorität besteht darin, die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und den Opfern zu helfen, die Auswirkungen von “Vergewaltigungsdrogen” zu erkennen und sie zu ermutigen, sich an Notdienste zu wenden, um eine korrekte Diagnose und eine bessere Behandlung zu erhalten. Die zweite Priorität besteht darin, Toxikologen über die besten Analysestrategien zu informieren.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Bekämpfung von drogenassoziierten Sexualdelikten die Zusammenarbeit von Regierungen, Strafverfolgungsbehörden, Gesundheitseinrichtungen, Bildungseinrichtungen, Gemeinschaften und der Zivilgesellschaft erfordert. Ziel ist es, die Prävention zu stärken, die Unterstützung für Opfer zu verbessern und das Bewusstsein für die Problematik zu schärfen, um die Gesellschaft insgesamt sicherer zu machen.

Quellen und weitere Informationen

  • Busardò FP, Varì MR, di Trana A, Malaca S, Carlier J, di Luca NM. Drug-facilitated sexual assaults (DFSA): a serious underestimated issue. Eur Rev Med Pharmacol Sci. 2019 Dec;23(24):10577-10587. doi: 10.26355/eurrev_201912_19753. PMID: 31858579.

 

 

0 Geteilt
3 Komentare
Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Dies könnte Ihnen auch gefallen